Freitag, 24.08.2012 

Deutschland als Gewinner der Krise?

Die aktuelle Krise der Jahre 2008 - 2010 hat Deutschland einen stärkeren Konjunktureinbruch beschert als vielen anderen europäischen Staaten.

Diese Anfälligkeit entsteht sicherlich durch die Abhängigkeit vom Export, aber auch und das nicht zuletzt durch die Finanzwirtschaft (Banken). Aufgrund einer aggressiven Konsumspolitik und internationalen Konjunkturspritzen wurde ein starker Rückgang der Konjunktur der Exportnation Deutschland verhindert. Derzeit ist die konjunkturelle Situation Deutschlands als gut bis sehr gut zu bezeichnen und die Arbeitslosenzahlen sind auf dem niedrigsten Niveau seit 22 Jahren. Trotz zuletzt sinkenden Aufträgen und dank eines großen Auftragspolsters geht es auch der deutschen Industrie gut. Allein diese Branche beschäftigt so viele Mitarbeiter wie seit drei Jahren nicht mehr. Ähnlich ist die Situation im verarbeitenden Gewerbe, das im Juni 2012 etwas mehr als 5,2 Millionen Beschäftigte zählte. Das entspricht einer Zunahme von 2,5 % gegenüber dem Vorjahr. 

Dem gegenüber steht die negative Stimmungslage der deutschen Presse.

Trotzdem bleibt die Frage offen, was der Zusammenbruch der Eurozone bedeuten könnte? 

Einige Stimmen meinen, dass die weltwirtschaftlichen Verwerfungen, die die Lehmanpleite auslöste, gegen einen Zusammenbruch der Eurozone wie ein Sturm im Wasserglas wirken würden. Sicherlich würden die Ängste der Deutschen um den Arbeitsplatz, wie auch in der Zeit 2008 - 2010, wieder neu entstehen und damit zur großen Existenzsorgen führen. Ob die Politik aufgrund der jetzigen hohen Haushaltsdefizite noch einmal finanziell in der Lage ist eine Abwrackprämie und unbegrenztes Kurzarbeitergeld bereitzustellen bleibt fraglich. Ebenso fraglich dürfte es sein, ob die internationale Gemeinschaft noch einmal Konjunkturprogramme in einem historischen Ausmaß initiieren kann, um die Weltwirtschaft anzukurbeln.  

Es bleibt die Frage offen, ob es weiter akzeptabel ist, dass US-Ratingagenturen die Reformerfolge in den europäischen Defizitländern weiterhin ausblenden und ob es angebracht ist, die "Sünderländer" USA, Japan und UK weiter zu schonen? Werden dadurch nicht die Kräfte (vielleicht aus dem angelsächsischen Bereich) belohnt, die sich den Zerfall der Eurozone auf ihre Fahne schreiben, die Erfolge der europäischen Reformpolitik ignorieren und denen so viel Beachtung seitens der Medien geschenkt wird? 

Das sind sehr viele Fragen, die auf ihre Beantwortung warten. Das Deutschland bis jetzt als einer der Gewinner der Krise dasteht ist offensichtlich. Ob unser Land aber am Ende dieser Krise immer noch als Gewinner dasteht, werden die nächsten politischen richtungsweisenden Entscheidungen zeigen.

Autor: Marc Philipp Brandl

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