Obwohl die EZB in den vergangenen Jahren die Zinsen auf immer neue Rekordtiefs gedrückt und Billionen von Euro gedruckt hat, hat sie zuletzt Investoren einmal mehr mit der Aussicht auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik überrascht.

Auf dem jüngsten Notenbankertreffen signalisierte die EZB, dass sie bereits bei der nächsten Sitzung die Zinsen senken könnte. Auch das Anleihenaufkaufprogramm soll wieder aufgenommen werden. Damit wird, nur wenige Monate nach dem Ende des Anleihenkaufprogramms im Dezember 2018, wodurch die Bilanzsumme der EZB auf den Rekord von gigantischen € 4,7 Billionen gestiegen war, eine dramatische Kehrtwende eingeleitet. Viele Experten haben sie als „Whatever it takes 2.0“ bezeichnet und erinnern damit an Draghis Zitat vom 26. Juli 2012: „Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, hatte Draghi damals auf auf einer Konferenz in London gesagt. „Und glauben Sie mir, es wird genug sein.“ Experten sehen die Ankündigung mit Stirnrunzeln: „Die EZB verliert sich immer mehr in einer Scheinrealität, die für jedes Problem nur eine Antwort hat: Geld zu drucken und so eine massive monetäre Verwässerung des gesamten Finanzsystems voranzutreiben“, sagte Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer bei FERI. „Eine solche Überflutung führe typischerweise zu inflationären Effekten, Verzerrungen und Verfälschungen der Marktpreise sowie zu einer Abwertung der jeweiligen Währung“. Die EZB bereite einen geldpolitischen "Overkill" vor, "ohne auch nur ansatzweise die Wirksamkeit und Risiken ihrer bisherigen Politik zu hinterfragen“. Auch andere Notenbanken bewegten sich immer schneller in Richtung monetärer „Overkill“. Die EZB gleiche einem schlechten Arzt, der seinen Patienten nicht heilen könne und dennoch die Dosis weiter erhöhe. Die EZB reihe sich damit ein in den aktuellen Zeitgeist, der das Drucken von Geld als Mittel zur Lösung realwirtschaftlicher Probleme betrachte. Diese Idee ist aber nur eine Fata Morgana und bewirkt nichts als monetäre Verwässerung und langfristige Zerrüttung ganzer Finanzsysteme. Fazit: Stellen wir uns darauf ein, dass die Anlage-Zinsen noch für sehr lange Zeit um und bei null Prozent stehen werden. Ruhige, solide und trotzdem interessante Kapitalanlagen auf Festzinsbasis sind sehr selten – aber es gibt sie.

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